ALINA LEVSHIN über „You Never Know“ und sexuelle Gewalt

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Das Vorhaben: Ein Kurzfilm zum Thema sexuelle Gewalt mit einer Mischung aus Grenzüberschreitungen und Emanzipation, die Frauen stärkt und zum Denken provoziert!

Der Weg: Gemeinsam das Projekt mit Hilfe von Crowdfunding unabhängig realisieren. Hier geht es zu STARTNEXT

Die Story: Zwei Personen, eine Frau und ein Mann, eine Location und ein gemeinsames Erlebnis, dass die beiden Figuren völlig unterschiedlich wahrgenommen haben. Ein Kammerspiel, das mit Realitäten und Rollenklischees spielt und die Frage aufwirft, was ist ein Opfer, was ist ein Täter. Kann eine Straftat, eine ungerechte Strafe an einer Person vergolten werden, wenn man dem Täter dasselbe antut?

Alina Levshin: Warum wir diesen Kurzfilm machen wollen

Seit dem Film „Die Ungehorsame“ 2015, in dem ich eine Anwältin gespielt habe, die eine
Mandantin, die Gewalt erlebt hat, vertritt, liegt mir das Thema sehr am Herzen.
Ich kooperiere ich mit dem Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“.
Da waren fast jedes Jahr zum Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen
Aktionen dabei, um auf das Hilfsangebot der Bundesregierung aufmerksam zu machen. 2018 drehte man auch einen Werbespot dazu mit mir.
Dennoch ist das mir persönlich nicht genug. Ich möchte mich auch eigenständig mit sozialen Themen beschäftigen, ohne darauf angewiesen zu sein, als Schauspielerin gefragt zu werden, ob ich irgendwo mitmachen möchte.
Der Drang etwas selbst zu schaffen, war schon immer da.
Schließlich verdient dieses Thema mehr Raum. Da ich seit 2006 mit Film zu tun habe, überwiegend fiktional und sehr visuell denke, war es mir ein Anliegen auch eine fiktionale Form zu finden, um das Thema zu erzählen, es anderen Menschen nahe zu bringen, ohne unbedingt einen 90-Minüter zu produzieren.
Ein Kurzfilm ist leichter umzusetzen als ein Langspielfilm, es kostet weniger, und dafür müssen wir nicht lange auf Filmförderungen warten. Auch ist man weniger abhängig von Sendern und Redaktionen, die ihre eigenen Vorstellungen haben und eventuell auch einschränkend wirken können. Ein Kurzfilm ist eine eigene interessante Gattung mit vielen Freiheiten.
Ich habe mich mit Marcus Goldhahn und Tim Litwinschuh zusammengetan, die eine
Filmproduktionsfirma gegründet haben. Die beiden wollen Filme machen, um Menschen zu berühren, Dinge zu verändern und Geschichten auf eine besondere Art zu erzählen.
Da ich meinen zweiten Kurzfilm in Eigenregie produziert habe und mich etwas übernommen hatte, wollte ich diesmal mit so einem Thema nicht alleine da stehen. Ein Team ist immer besser und effektiver. Gemeinsam kommt man immer weiter als allein.

Marcus machte mich mit Sophie Röhrmoser bekannt, die die Vision eines Kammerspiels hatte, mit zwei Figuren, eine Frau und ein Mann, an einem Ort, die zufällig wieder aufeinander treffen, nachdem sie von ihm vergewaltigt wurde. Sophie gab uns diese Ausgangsidee zur freien Gestaltung
und wir entwickelten dazu ein Drehbuch. Dabei hatte ich eine Vision im Kopf, die ich gerne ausprobieren wollte. Die Vision ist provokant, aber ich hatte auch keine Lust mich an konventionelle Sichtweisen zu klammern. Es kamen weitere junge Filmschaffende dazu, die die Wichtigkeit dieser Arbeit erkannten. So sind wir nun ein Team aus 12 freien Filmschaffenden, die
ohne Eigennutz diesen Film realisieren wollen.
Wir haben uns einige erschreckende Statistiken angeschaut, recherchiert, wie andere Filmemacher mit diesem Thema umgegangen sind, wieviel Raum und Präsenz das Thema sexuelle Gewalt überhaupt im deutschen Fernsehen hat und schließlich viel diskutiert, um dem Thema gerecht zu
werden. Denn was wir auf gar keinen Fall wollen, ist oberflächlich erzählen oder jemanden zu diskreditieren. Uns ist bewusst, das man natürlich nicht alles gleichzeitig erzählen kann. Es ist sehr komplex und es gibt unterschiedliche Aspekte, die man beleuchten kann. Abgesehen davon, ist das Thema auf den ersten Blick nicht unterhaltsam.
Dennoch nehmen wir diese Herausforderung an und wollen eine authentische, spannende
Kurzgeschichte erzählen, mit nachvollziehbaren Figuren und Möglichkeiten, wie man mit solchen Grenzüberschreitungen, wie einer Vergewaltigung und mit dem einhergehenden Trauma umgehen
kann. Abgesehen davon bietet uns das Medium Film mehrere Ebenen zu erzählen, nicht nur linear.
So können wir mit Perspektiven spielen und uns der Fragestellung widmen: Wann wird das Opfer zum Opfer, wann ist die Grenze überschritten. Darf ein Opfer Vergeltung suchen? Oder muss es sich verstecken, das mit das nicht wieder passiert und abwarten, bis es vergessen wird?
Was ist überhaupt ein Trauma?
Die Art wie Linda, die Figur mit der Konfrontation umgehen wird, ist sehr provokant. Jeder hat seine Wahrheit und wir als Menschen bergen in uns unterschiedliche Facetten. Wir haben Wut, Trauer, Eifersucht, Rache, Freunde, Mitgefühl. Das alles sind Emotionen, die mit Energien verknüpft sind. Energien können sich umwandeln, finden aber immer einen Kanal und können nicht
verschwinden. Im besten Fall sollten sie immer frei fließen. Besonders Traumaenergie muss wieder raus, nachdem sie lange im Körper gespeichert werden kann.
Ich habe mich mehrmals mit Psychotherapeuten über dieses Thema unterhalten und festgestellt, dass
jede Person anders ist, mehr oder weniger resilient. Eine Vergewaltigung ist dennoch eine Grenzüberschreitung. Auf mehreren Ebenen wird es in unserem Kurzfilm interessant, da wir moralische Grundsätze hinterfragen wollen.
Nach der Fertigstellung des Kurzfilms wollen wir Menschen erreichen, Screenings organisieren und ins Gespräch kommen. Wir hoffen auf Kooperationen mit Stiftungen und eine größere gesellschaftliche Sensibilität für Menschen mit Erfahrungen mit sexueller Gewalt und den daraus resultierenden Traumata.

Wer steht hinter dem Projekt?

Alina Levshin, gebürtig aus der Ukraine, studierte an der Hochschule für Film und Fernsehen. Sie startete ihre Schauspiel Karriere mit der Serie „Im Angesicht des Verbrechens“ und bekam für ihre Darstellung zahlreiche Preise u.a. auch für „Kriegerin“. Alina schreibt, inszeniert und produziert mit „You Never Know“ ihren dritten Kurzfilm

Marcus Goldhahn ist Filmproduzent und Green Consultant mit einem Hintergrund in Wirtschaft und Journalismus. Seit über 10 Jahren ist er in verschiedenen Positionen der Film- und Medienlandschaft tätig. Darunter beteiligt an internationalen Kino- und Serienprojekten wie „Suspiria“ oder „Bumper in Berlin“. 2022 gründete er die Deriva Film Produktion.

Tim Litwinschuh, begann als Kind als Schauspieler zu arbeiten. Bald darauf entdeckte er seine Leidenschaft für Tätigkeiten auch hinter der Kamera. Er machte eine Ausbildung zum Mediengestalter bei ARRI Media und später bei BASIS Berlin Post-Produktion wo er an Produktionen wie „DARK“, „1899“ und „Babylon Berlin“ mitwirkte. Mitbegründer der Deriva Film.

Mona Schier ist Drehbuchautorin und Regisseurin, mit einer erfolgreichen Vergangenheit im Bereich Dokumentarfilm und kann auf mehrfach prämierte und preisgekrönten Projekte zurückblicken. Momentan widmet sie sich verstärkt der Entwicklung von Fiktionsdrehbüchern.

Clara Zimmer, DoP, sammelte Erfahrungen in Ausbildungen der Postproduktion in unterschiedliche Positionen u.a. als Postproduktionsassistentin bei „Matrix – Resurrections“. Schließlich wechselte sie in die Kameraabteilung und arbeitete vier Jahre u.a. bei internationalen Produktionen als Kameraassistentin. Gleichzeitig realisierte sie eigene Projekte als Kamerafrau.

Ina Balon, gebürtig aus Polen, arbeitet seit 15 Jahren für verschiedene TV und Kinoproduktionen in der Regieabteilung. Ihr Kurzfilm „Frankas Monster“ feierte 2023 Premiere auf den Internationalen Hofer Filmtagen. Sie arbeitet an einer eigenen Serienidee und entwickelt einen Spielfilm.

Sophie Röhrmoser, Rolle Linda, absolvierte ihre Schauspielausbildung an der Rosé Bruford in London. Seit dem ist sie bei der TV- Serie “Charité” zu sehen und stand neben Kurzfilmauftritten zusammen mit dem New Yorker Ensemble “The New Wild” in “Everbody Is Gone” auf der Bühne.

Steve Windolf, Rolle Jacob, studierte an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig Schauspiel und spielt seit 2005 in zahlreichen deutschen Fernseh- und Kinofilmen, als auch Serienformaten, aktuell in der ZDF Serie Neuland und im Bremerhaven Krimi.

Und jetzt weiter zu STARTNEXT!

Titelbild © Miriam Knickriem

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