JEWCY MOVIES, das Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg

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JEWCY MOVIES, das ist das Motto des Jüdischen Filmfestival Berlin und Brandenburg. In diesem Jahr werden 64 Filme gezeigt, welche die gesamte filmische Vielfalt jüdischer Erfahrungen auf der großen Leinwand zeigen.
Das Programm des diesjährigen Jüdischen Filmfestival Berlin und Brandenburg zeigt, laut Programmdirektor Bernd Buder, „nicht nur den Facettenreichtum jüdischer Erfahrung, sondern auch die Vielfalt, wie diese Geschichten erzählt werden. Inszeniert mit leichter Hand und tiefer Betroffenheit, messerscharfer Analyse und kontemplativer Reflexion, Hochspannung und Lakonie, bieten die 53 Lang- und 11 Kurzfilme umfassende Einsichten in Geschichte und Gegenwart der condition humaine – überraschend, verstörend, nachdenklich, unterhaltend und auch befreiend.“


Im Mittelpunkt stehen die beiden Wettbewerbe um den besten Spiel- und Dokumentarfilm.
Gezeigt werden im Spielfilmwettbewerb aktuelle, internationale Filme – vom italienischfranzösischen WHERE LIFE BEGINS, das überzeugende Regiedebut des Schauspielers Stéphane Freiss über eine junge Frau zwischen religiösen Konventionen und der platonischen Liebe zu einem fremden Mann, über Ady Walters SHTTL, eine Reminiszenz an die in der Shoah zerstörte Shtetl-Kultur in der heutigen Ukraine, bis hin zu zwei polnischen Wettbewerbsbeiträgen: MARCH`68 (Krzysztof Lang, PL 2022), eine Liebesgeschichte während der Studentenproteste und der antisemitischen Kampagne im sozialistischen Polen 1968 und dem zwischen Groteske und Tragödie pendelnden Kriegsdrama FILIP (MichalKwiecinski, PL 2022).


Im Dokumentarfilmwettbewerb reicht die Bandbreite von REMEMBERING MARRAKECH in dem israelische und marokkanische Studierende gemeinsam das vielfältige jüdische Erbe in Marrakech erkunden, über KNOCK ON THE DOOR (Aya Elia/Ohad Milstein, IL 2023), einer nachdenklich. emotionalen Reflexion über Offiziere der israelischen Streitkräfte, die den Familien getöteter Soldaten die Todesnachrichten überbringen müssen, bis hin zu QUEEN OF THE DEUCE (Valerie Kontakos, GR 2022), den scheinbar gelebten amerikanischen Traum von Chelly Wilson, einer sephardischen Jüdin, die in den 1970er Jahren über ein Imperium von Pornokinos in New York herrschte.
Die Sektion Kino Fermished vereint wieder ganz unterschiedliche Formate, vom Kurzfilmprogramm bis zur DDR-TV-Serie. FIND A JEW (Igor Sadreev, D/RU 2022) wirft im Stil einer temporeichen Erkundungsreise Schlaglichter auf das absurd-gefährliche Universum der Verschwörungstheorien in der sowjetischen Gesellschaft und im postsozialistischen Russland. In MINI DV (Shauly Melamed, IL 2022) reflektieren vier queere Israelis anhand von DV-Homevideos aus ihrer Kindheit und Jugend die schwierige Suche nach ihrer Sexualität und Identität. Aus der selten gezeigten weiblichen Perspektive beleuchtet Heather Dune Macadam in 999 THE YOUNG WOMEN OF THE FIRST JEWISH TRANSPORT TO AUSCHWITZ (USA/ES 2023) den Transport von slowakischen Jüdinnen in das Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau.
Zusätzlich gibt es in diesem Jahr vier thematische Filmreihen.
Die Jewcy Horror Movies zeigen, wie jüdische Erzählungen die Vielfalt dieses Genres bereichern: In der Schauergeschichte DIBBUK – EINE HOCHZEIT IN POLEN (PL/IL 2015) variiert Marcin Wrona die alte jüdische Legende vom Geist des Dibbuk, der eine Hochzeitsfeier auf seine ganz eigene übernatürliche Art übernimmt, als Rachegeschichte einer verdrängten Vergangenheit. Mit GOLEM – WIEDERGEBURT (IL 2018) interpretiert das Regie-Bruderpaar Doron und Yoav Paz die klassische Golem-Mystik neu. Der Film wurde überwiegend in Kyjiv gedreht. THE ATTACHMENT von Gabriel Bier Gislason (DNK 2022) handelt von einer scheinbar harmlosen Liaison einer dänischen Schauspielerin mit der jüdischen Akademikerin Leah, bis die dunklen Geheimnisse von Leahs Mutter ans Licht kommen.
Eine Hommage widmet sich Jack Garfein – Shoa-Überlebender, Mitbegründer der Schauspielschule des „Method Acting“, gefeierter und umstrittener Hollywood-Regisseur. Die ausgewählten Filme reichen vom Garfein-Klassiker THE STRANGE ONE von 1957, indem er, entgegen den Anweisungen seines Studios, Schlüsselszenen mit Schwarzen Schauspielern drehte, bis zu THE WILD ONE (Tessa Louise-Salomé, FR 2022), eine tiefgründige Dokumentation über Leben und Werk Garfeins, der 2019 im Alter von 89 Jahren starb. In seinen beiden Spielfilmen verarbeitete er seine traumatischen Erfahrungen in verschiedenen Konzentrationslagern.
Das Standup Comedian- Duo YidLife Crisis kuratiert eine Reihe mit kanadisch-jüdischen Filmen, die sie persönlich präsentieren werden. Mit dabei ist unter anderem DREAMING OF A JEWISH CHRISTMAS (Larry Weinstein, CA, 2017), eine mit leichter Hand inszenierte Kulturgeschichte über von jüdischen Musikern komponierte Weihnachtslieder wie „White Christmas“ oder „Rudolph The Red Nosed Reindeer“. Im Dokumentarfilm CHEWDAISM: A TASTE OF MONTREAL (2018) entdecken die beiden Satiriker Eli Batalion und Jamie Elman selbst die Geschichte des jüdischen Montreals, erzählt durch einen ganzen Tag voller Essen in und um die Stadt.
Eine Reihe zum 75. Jahrestag der Staatsgründung Israels zeigt Klassiker und Kurzfilme, die verschiedene Aspekte der israelischen Gesellschaft und Geschichte aufzeigen, die bis heute nachhallen – zwischen animiertem Politthriller wie dem mehrfach ausgezeichneten Film WALTZ WITH BASHIR von Ari Folman (IL 2008), der dessen eigene Erfahrungen als Soldat im Libanonkrieg schildert und LIFE ACCORDING TO AGFA (Assi Dayan IL 1992), der in einem Pub in Tel Aviv spielt, indem Juden, Palästinenser und israelische Araber aufeinandertreffen – ein Mikrokosmos der israelischen Gesellschaft mit explosiven Konfliktpotentialen. In GET – THE TRIAL OF VIVIANE AMSALEM (Ronit Elkabetz/Shlomi Elkabetz IL/FR/DE 2014) kämpft eine Frau verzweifelt um das Recht der Ehescheidung vor dem jüdisch-orthodoxen Rabbinatsgericht, ein Kurzfilmprogramm versammelt vier unterschiedliche, pointierte Blicke auf die Erfahrungen, russisch- und äthiopisch stämmiger Einwanderer in Israel.
Mit einer vom Potsdamer Künstlerkollektiv Xenorama neuartig umgesetzten Präsentation des jüdischen Stummfilmkomödie JÜDISCHES GLÜCK (Alexis Granowsky, SU 1925), der auf einem Roman des weltweit bekanntesten jiddischen Schriftstellers, Schalom Alejchem basiert, möchte das 29. Jüdische Film Festival Berlin Brandenburg auf die jüdische Kultur, die jiddische Sprache als wichtigem Teil der ukrainischen Kultur aufmerksam machen. Xenorama bringt nicht nur ein wenig Farbe und Cinema Expanded-Aspekte in den Schwarz-Weiß-Klassiker, sondern nutzt unter anderem auch Künstliche Intelligenz zur Komposition und Vertonung. Schirmfrau des Jüdischen Filmfestival Berlin und Brandenburg ist die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien, Staatsministerin Claudia Roth, zur Übernahme des Amtes sagt sie: „Wir müssen weiterhin alles dafür tun, dass sich jüdische Kultur in unserem Land frei entfalten kann. Dazu gehört die entschlossene Bekämpfung des Antisemitismus genauso wie die Förderung jüdischen Lebens. Genau darum geht es auch beim Jüdischen Filmfestival Berlin Brandenburg: Die dort präsentierten Filme zeigen jüdische Lebenswelten in all ihrer Vielfalt – und sie setzen zugleich ein klares Zeichen gegen Antisemitismus.
Deshalb bin ich sehr gerne für die gesamte Dauer meiner Amtszeit Schirmfrau dieses Festivals.“

Das JFBB wird maßgeblich vom Medienboard Berlin-Brandenburg, der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und der Landeshauptstadt Potsdam gefördert. Der Mobilitätspartner des Festivals ist die AUDI AG.

1 thought on “JEWCY MOVIES, das Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg

  1. Lieber RCR Magazin,

    ein großes Lob für die Berichterstattung über das Jüdische Filmfestival Berlin und Brandenburg! Es ist erfreulich zu sehen, dass das Festival eine Plattform bietet, um jüdische Filme und ihre kulturelle Bedeutung zu präsentieren. Solche Veranstaltungen fördern nicht nur den interkulturellen Austausch, sondern auch das Verständnis und die Wertschätzung jüdischer Kultur und Geschichte. Vielen Dank für die informativen Einblicke und ich freue mich schon auf kommende Filmfestivals dieser Art.

    Mit freundlichen Grüßen,
    CinemaHDV2

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