Set-Besuch bei Christian Züberts neuem Film „Ein Atem“

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Filmdreh vor der Kulisse der „neuen“ Europäischen Zentralbank in Frankfurt.

Filmdreh vor der Kulisse der „neuen“  Europäischen Zentralbank in Frankfurt

Der Finanzriese aus Stahl ragt unter düsteren Wolken eindrucksvoll im Hintergrund empor, während geschäftig  Kabel verlegt werden, Puderpinsel ein letztes Mal über die Gesichter streichen und der Aufnahmeleiter den Baulärm übertönt: „Ruhe am Set, wir drehen.“ Was hektisch klingt, stellt sich als gelöster heraus, als es für den Besucher wirken mag. Entspannt lehnt Schauspieler Benjamin Sadler am Bistrotisch, Regisseur Christian Zübert lächelt jedem freundlich zu und Newcomerin Chara-Mata Giannatou fühlt sich fernab ihrer griechischen Heimat sichtlich wohl.

Die in Berlin geborene Giannatou wuchs in Athen auf und wurde eben dort auch besetzt. Für die Rolle der „Elena“ wurde eine Schauspielerin gesucht, die Deutsch und Griechisch spricht. Begründet dadurch, dass nicht nur in der Mainmetropole und in Köln gedreht wird, sondern auch in Athen. Zum größten Teil aber spielt der Film, der von Hessen Invest Film mit 550.000 Euro gefördert wird, in Frankfurt.

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In der 3,4 Millionen Euro teuren Produktion geht es um eine zerrissene und liebende Mutter auf der Suche nach ihrem Kind. Des Weiteren flüchtet eine Schwangere vor der Verantwortung. Zwei Frauen, so unterschiedlich sie auch sind, werden an die Grenzen der Menschlichkeit getrieben. Dennoch sind sie verbunden durch einen Atemzug, der alles entscheidet. Tessa (Jördis Triebel) hat von außen betrachtet das perfekte Leben. Sie lebt mit ihrem Mann Jan (Benjamin Sadler), einem erfolgreichen Banker und ihrer anderthalbjährigen Tochter Lotte in einer Frankfurter Dachgeschosswohnung. Doch die Beziehung zu Jan ist angespannt, denn unausgesprochene Konflikte schwelen unter der Oberfläche. Besonders seitdem Tessa wieder angefangen hat zu arbeiten und das Kindermädchen Elena auf die kleine Lotte aufpasst. Elena lebt in Athen. Der Krise in ihrem Heimatland begegnet sie mit Lebensmut und auch als sie zum Geldverdienen nach Deutschland geht, tut sie dies getreu ihrem Lebensmotto: „Alles wird gut.“ Doch das Leben ist nicht mehr so einfach, als sie unerwartet schwanger wird und plötzlich nicht mehr nur die Verantwortung für sich selbst trägt.

„Ein Atem“ ist ein Drama. Aber nur Drama, nur Leid, Verzweiflung und Depression ermüden oft den Zuschauer. Es gibt dann keine Fallhöhe und irgendwann klinkt man sich aus, schaltet ab und verliert die emotionale Anbindung an die Protagonisten. Aus diesem Grund hat der Streifen auch leichte und warmherzige Momente. Er bietet ebenfalls Szenen, in denen man durchatmen, schmunzeln oder mit den Figuren das Leben genießen kann.

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Für Regisseur Zübert („Hin und weg“) macht ein gutes Drehbuch in erster Linie die Figuren aus. Er muss ihnen glauben und von ihnen berührt werden. So geht es dem zweifachen Familienvater mit den Protagonisten aus „Ein Atem“, dessen Drehbuch er auch verfasst hat. Denn wenn man sich einmal mit einer Figur gefreut oder mit ihr gelacht hat, ist man umso mehr bereit, ihren tragischen Weg mitzugehen. Besonders spannend fand der in Würzburg geborene Regisseur die Themen des Films: Den Unterschied zwischen Arm und Reich, die Weltwirtschaftskrise, die schwierige Situation von berufstätigen und werdenden Müttern, die Opfer ihrer Lebensumstände werden.

Freuen kann sich der Zuschauer über die außergewöhnliche filmische Darstellung, zu der sich Zübert in „Ein Atem“ entschlossen hat. Es wird dem Publikum nicht der übliche Einheitsbrei vorgesetzt, sondern eine besondere Art der Erzählform serviert. Der Film wird  konsequent subjektiv erzählt. Die Geschichten der Frauen werden jeweils aus zwei unterschiedlichen Perspektiven gezeigt. Im ersten Block aus der Sicht der jungen Griechin und im zweiten Block aus der Sicht der Mutter, die ihr Kind sucht. Erst am Ende werden die beiden Perspektiven zusammengeführt und die Ereignisse finden ihren Höhepunkt. Ob das Wagnis aufgeht, erfährt der Kinobesucher voraussichtlich im Sommer 2015.

© Simone Wagner

Fotos: © Julia Stolze

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