C/O Berlin – Neuanfang im Westen

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C/O Berlin feiert sein „Grand Opening“ mit riesigen Besucherschlangen im Amerika Haus am Bahnhof Zoo. Und zeigt gleich vier Ausstellungen moderner Fotografie.

Es ist das „Grand Opening“. Groß gedacht, groß organisiert und groß besucht, in einer Größenordnung, die die Veranstalter nicht erwartet hätten. Am Donnerstagnachmittag zieht sich eine mehrere hundert Meter lange Besucherschlange vom neuen „C/O Berlin“ im Amerika Haus die Hardenbergstraße entlang. Zum Abend hin wird die Schlange dichter und länger, das „Grand Opening“ ist der erste Besuchstermin für die breite Öffentlichkeit, bei freiem Einritt. Ziviler Wachschutz ist vor Ort, Polizei und eine mobile Getränkebar.

co 024Das C/O Berlin, die namhafte Institution für moderne und zeitgenössiche Fotografie in Berlin, hat nach dem Wegzug aus dem ehemaligen Postfuhramt in Berlin-Mitte und einer Zwangspause von knapp zwei Jahren nun wieder die Türen geöffnet: Nicht ganz so szenig, dafür aber beschwingt in der City West am Bahnhof Zoo. Das „alte“ West-Berlin scheint dem Fotografie-Forum ganz gut zu Gesicht zu stehen, da es sich in letzter Zeit verjüngt – oder besser gesagt: Sich der eigenen Qualitäten bewußt wird, siehe Zoo-Palast und Bikinihaus.

Dass da was geht in Sachen Zeitgeist, wird klar, wenn man die hinter Glas beleuchteten Fotografien an der Außenfassade des Amerika-Hauses betrachtet: Von der Straße sind die Che-Guevara-Aufnahmen des Schweizer Fotografen René Burri von 1963 zu sehen. Guevara, kubanischer Revolutionsheld, Minister unter Fidel Castro und immerwährende Ikone westlicher Popkultur, raucht Zigarre und trägt Fusselbart. Vielen gefällt das.

co 028Drinnen ist es unerwartet licht und weitläufig. Das Amerika Haus, 1957 im Auftrag der Alliierten erbaut und als „kulturelle Begegnungsstätte“ der USA genutzt, galt nach dem Rückzug der „Amis“ lange als unschöner Ort: dröge, düster, verbaut. 2006 wurde es dem Land Berlin übergeben und, nach einer Periode des Stillstands, für C/O Berlin behutsam freigelegt und neu strukturiert. Nun zeigt der Bau jene Leichtigkeit, die ein Ausstellungsort moderner Fotografie auf drei Etagen und 2300 Quadratmetern gut gebrauchen kann.

co 029Zur Wiedereröffnung präsentiert C/O Berlin gleich vier Ausstellungen: Die legendären Magnum-Fotografen, darunter Henri Cartier-Bresson, Inge Morath und Robert Capa, mit ihren „Contact Sheets“; Will McBride, der 1958 als erster Fotograf im Amerika Haus ausstellte (seine Schau „Ich war so verliebt in diese Stadt“ zeigt Aufnahmen aus dem Nachkriegsberlin); „Arbeit am Mythos“ von Luise Schröder in der „Talents“-Reihe, und „picture yourself“, mit selbst gebautem Fotoautomaten für die Selbstporträts zum Mitnehmen

co 027Der Neustart ist ein Erfolg, der Einsatz und auch die öffentliche Beachtung ist enorm. Die Zeit, als der bröckelige, angeschabte Charme des alten Postfuhramtes, das Insider-Publikum und der ganz spezielle Mitte-Groove die C/O-Shows bestimmte, ist unweigerlich vorbei. Ob den Machern die Sache in Charlottenburg auch gut gelingt, nur anders, bleibt zu hoffen.

Jana Sittnick

C/O Berlin, Amerika Haus, Hardenbergstraße 22, Berlin Charlottenburg

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