Der Dalai Lama in Frankfurt

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Seit gestern Abend ist der Dalai Lama wieder zu Besuch in Frankfurt.

Seit gestern Abend ist der Dalai Lama wieder zu Besuch in Frankfurt. Der Frankfurter Flughafen sei ihm schon sehr vertraut, erzählt der 78jährige buddhistische Mönch und lacht sein charakteristisches ansteckendes Lachen. Das spirituelle Oberhaupt der Tibeter, der seit 1959 im Indischen Exil lebt, ist der 14. Dalai Lama. Der Friedensnobelpreisträger strebt seit Jahrzehnten auf friedlichem Weg eine Autonomie Tibets an, das unter chinesischer Regierung mit Repressalien leben muß. Seine Heiligkeit, wie er angesprochen wird, gilt als charismatische Persönlichkeit und betont immer wieder, daß er auch nur ein Mensch sei, einer von den 7 Milliarden auf dieser Erde.

Auch Schauspieler Ralf Bauer (mit buddhistischem Haarschnitt) ist bei der heutigen Pressekonferenz anwesend, die den Auftakt einiger Veranstaltungen bildet.

Am Nachmittag wird der Dalai Lama in der Fraport Arena über Ethik, Mitgefühl und Selbstbewußtsein reden und morgen mit etwa 800 Schülern aus Frankfurt  in der Paulskirche über eine Kultur aus Frieden und Toleranz an Schulen sprechen. Dort wird ihn auch Oberbürgermeister Peter Feldmann treffen, und es erfolgt ein Eintrag ins Goldene Buch im Frankfurter Römer. Am Nachmittag diskutiert er mit dem Bischof von Trier Dr. Stephan Ackermann und dem Philosophen Prof. Dr. Rainer Forst in der Paulskirche über Ethik jenseits von Religion in einer säkularen Gesellschaft.

Diese ihm wichtigsten Themen spricht er auch schon in der Pressekonferenz an, neben ihm sitzen Kelsang Gyaltsen (Sonderrepräsentant für Europa), Stadtrat Markus Frank und Stadtkämmerer Uwe Becker und Puntsok Tsering vom Tibethaus Deutschland, das in Frankfurt ein Zentrum für Buddhismus und Ethische Themen bildet und den Dalai Lama eingeladen hat, der die Schirmherrschaft des Tibethauses Deutschland innehat.

Mit einem freundlichen „Good morning!“ begrüßt der Dalai Lama die Pressevertreter im Konferenzsaal des Steigenberger Hotels Frankfurter Hof und bittet alle nach langem Blitzlichtgewitter mit einem sympathischen Lächeln und „Now Sit!“ zur Ruhe zu kommen, damit er zu Wort kommen kann. Dann ist er kaum zu bremsen, wenn es um die ihm wichtigen Themen geht, trotzdem können am Ende einige Fragen gestellt und beantwortet werden.

Er spricht davon, wie wichtig es sei, daß wir uns bewußt machen, daß wir ein „social animal“ sind und dies das business unserer Gesellschaft ist. Und dass es dabei auch nur zweitrangig sei, unter welcher Religionszugehörigkeit man die wichtigen Werte und Botschaften Liebe, Achtung (Achtsamkeit sich selbst und anderen gegenüber), Mitgefühl und Toleranz und miteinander in den Dialog zu treten vertrete und lebe.  Diese Werte seien das wichtigste und nötige Mittel, um unser Überleben zu sichern.

Er erzählt, daß er in Orten in Indien, aber auch in vielen anderen Orten der Welt ein friedliches Miteinander in gelebter Toleranz und Harmonie erlebe und wisse, daß dies möglich sei.

Angesprochen, ob er auch Gefühle wie Ärger oder Wut kenne und wie er damit umgehe, antwortet er, daß er auch nur ein Mensch sei und natürlich auch diese Gefühle erlebe. Allerdings gehe Wut bei ihm genauso schnell wie sie komme auch wieder weg. Praktizieren solle man nur Verhaltensweisen, die wirkliche Lösungen bringen.

Er beschäftige sich auch mit wissenschaftlichen Ergebnissen, die angeblich plastische Veränderungen im Gehirn nach positivem Bewußtseinstraining beobachten würden.

Ein Pressekollege fragt, ob es stimme, dass manche Buddhisten eine Behinderung eines Menschen als eine Reinkarnation nach einem schlechtem Charakter im vorhergehenden Leben betrachten. Diese Sichtweise lehnt der Dalai Lama absolut ab. Das sei nicht Botschaft des tibetanischen Buddhismus und ein Mißverständnis und werde normalerweise genau andersherum gelebt, daß Menschen mit Behinderungen besonders viel Liebe und Zuwendung verdienen.

Zum Abschluß fragt noch die junge Logo-Kinderreporterin, was er am meisten und am wenigsten daran möge, daß er der Dalai Lama sei.

Seine Heiligkeit sagt, daß er schon als Kind nicht so sehr Förmlichkeiten und Protokolle liebte, sondern Freiheiten zu schätzen wusste. Das sei auch heute noch so. Die junge Kollegin kann das nachfühlen, und dann verabschiedet sich der Dalai Lama und läßt die Frage, ob er seinen 80. Geburtstag – wie schon seinen 70. – in Hessen feiern werde, nicht eindeutig beantwortet. Er bemerkt nur, daß er morgens um 3.30h aufstehe und um 18.30h versuche zu Bett zu gehen, denn Schlaf sei noch wichtiger als feiern. Zeit für Autogramme hat er auf jeden Fall noch, bevor er sich Richtung Fraport Arena auf den Weg macht.

© Julia Stolze


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