KILIAN KERNERS „Shitstorm“- Mode als Spiegel der Gesellschaft

Der Berliner Designer Kilian Kerner eröffnete mit seiner „Shitstorm“-Kollektion am 31. Januar 2025 die Berliner Fashion Week. Kerner setzt ein kraftvolles Statement zur Auseinandersetzung mit digitalem Hass und gesellschaftlicher Spaltung. Die 53 Looks greifen die psychische Belastung digitaler Angriffe auf und spiegeln gleichzeitig unerschütterliche Widerstandskraft wider.
Die Herbst/Winter 2025/26 Kollektion vereint progressive Daywear mit avantgardistischer und zugleich glamoröser Eveningwear, die sich durch subtile Provokation und visuelle Komplexität auszeichnet. Auf dem Laufsteg in der Uber Eats Music Hall beginnt die Show mit einem poetischen Moment: Ein Model, in rosa Blütenapplikationen gehüllt, verkörpert die Zerbrechlichkeit der ersten Eindrücke. Doch der Stil wandelt sich, und Schwarz, als emotionale Mitte der Kollektion, tritt in Erscheinung. Strenge Silhouetten aus Leder, Denim und oversized Mänteln brechen mit der anfänglichen Leichtigkeit und symbolisieren die Reise von Zerbrechlichkeit zu Stärke.
Mit gezielt eingesetzten Farbakzenten wie Rosa, Gold und Silber und mit schimmernden Pailletten zieht Kerner die visuelle Grenze zwischen Dunkelheit und Befreiung. Besonders im Finale zeigt sich Schwarz in weicheren, asymmetrischen Formen, ein Zeichen für Transformation und Akzeptanz des Wandels. Kerner nutzt Stoffe, Farben und Schnittführungen, um die emotionale Last und die Überwältigung digitaler Angriffe zu veranschaulichen und damit die Auswirkungen von „Shitstorms“ zu thematisieren. Innovative Details wie übergroße Blumenmotive, verspielte Denims und ein minimalistischer, cremeweißer Wollmantel mit goldenen Pailletten belegen Kilians Bestreben, Couture und Ready-to-Wear neu zu definieren. Der Einsatz nachhaltiger, veganer Stoffe und die Produktion in Polen verankern die Kollektion in einer ethischen Dimension und unterstreichen die zukunftsweisende Haltung der Mode.

Besonders hervorzuheben ist die Zusammenarbeit mit dem Brand Mey, bei der zarte Spitzenunterwäsche mit markanten Oversized-Blazern und betonten Schultern kombiniert wurden, eine kraftvolle Metapher für die bereits erwähnte Fragilität und Stärke in der digitalen Welt. Der letzteg Look, ein Modell umhüllt von schwarzen dreidimensionalen Blüten, evoziert das erste Bild der Show und symbolisiert den Wandel von Fragilität zu Widerstandskraft, dass als skulpturale Rüstung wirkte. Diese starke Metapher wird durch die melancholische musikalische Untermalung verstärkt, wie beispielsweise „Sign of the Times“ von Harry Styles, der das Gefühl von Selbstermächtigung und Widerstandskraft verstärkt.
Die exklusive Show zog prominente Gäste wie Simone Thomalla, Lena Urzendowsky und Annabelle Mandeng an. Zeitgleich wurde die Initiative COLLECTIVEFOUR ins Leben gerufen, bei der Designer wie Danny Reinke und Marcel Ostertag zusammen mit Kerner für Diversität, Nachhaltigkeit und sozialen Zusammenhalt eintreten. Der Erlös des Ticketverkaufs ging an das von Stefanie Graf gegründete Projekt HonigHelden der Stiftung Children for Tomorrow.
Mit „Shitstorm“ sendet Kilian Kerner ein starkes, zukunftsorientiertes Statement. Die Kollektion ist weit mehr als ein modisches Statement, sie ist ein Manifest für Resilienz und Selbstbewusstsein und definiert Mode als Spiegel einer zunehmend polarisierten Gesellschaft.
© Feline Basiner
Fotos © Günter Dorn