VENA auf Kinotour – mit Chiara Fleischhacker und Friederike Becht

Liebevoll, kontrastreich und tiefgründig. So beschreibt Regisseurin und Drehbuchautorin Chiara Fleischhacker ihren Debütfilm „Vena“.
Kinotouren sind immer etwas ganz Besonderes. Hier treffen nach teilweise jahrelanger Arbeit die Filmemacher*innen, Schauspieler*innen, die Presse und die Zuschauer*innen aufeinander. Bei solchen Filmvorführungen werden die Beteiligten unmittelbar mit Feedback konfrontiert. Wir durften in Köln dabei sein und haben hautnah miterlebt, welche Gefühle „Vena“ im Publikum ausgelöst hat.
Im Mittelpunkt des zweistündigen Dramas steht Jenny (Newcomerin Emma Nova). Die junge Frau und ihr Freund Bolle (Paul Wollin) erwarten in Kürze ein gemeinsames Kind. Jennys bisheriges Leben war alles andere als leicht – Auseinandersetzungen mit der Justiz und dem Jugendamt, ein Kind aus einer früheren Beziehung, das ohne Vater aufwächst und Hoffnungslosigkeit. Zudem kämpft sie gemeinsam mit Bolle gegen die Drogensucht der beiden, die eine große Belastprobe für die Beziehung darstellt. Im Laufe der Schwangerschaft wird Jenny die Familienhebamme Marla (Friedericke Becht) zur Seite gestellt. Zunächst gibt sich Jenny misstrauisch und distanziert, doch Marla schafft es urteilslos, mit viel Verständnis und Wertschätzung die nötige Nähe zur Schwangeren aufzubauen. Schritt für Schritt beginnt Jenny mutig Verantwortung für sich und ihr Ungeborenes zu übernehmen. Auch wenn ihr viele Steine in den Weg gelegt werden.
Im Kurzinterview mit Chiara Fleischhacker erklärte sie uns den Filmtitel, der viel mehr verbirgt als auf den ersten Blick ersichtlich. „Vena steht für vena umbilicalis – die Nabelvene, die von der Plazenta über die Nabelschnur zum Fetus verläuft. Sie ist ein Sinnbild für die engste Verbindung zweier Menschen. Sie nährt, versorgt, kann aber auch schädigen und steht für Abhängigkeit, die man zur gewissen Zeit lösen muss.“
Zu den herausforderndsten Momenten beim Dreh zählt die Erfurterin die reale Geburtsszene, sowie die Szene, bei der ihre eigene kleine Tochter das Filmkind von Hebamme Marla verkörpert.
Die Idee zu „Vena“ kam Fleischhacker in ihrer eigenen Schwangerschaft. Ihre persönlichen Erfahrungen hat sie in die gegensätzlichen Filmfiguren Jenny und Marla eingehaucht. „Umso spannender ist es, dass die beiden in ganz unterschiedlichen Welten leben, aber sie doch eine Verbindung haben. Jenny hat wesentlich weniger Möglichkeiten und Marla hat ein geringes Selbstwertgefühl, dass sie versucht zu kompensieren. Ich habe selbst eine Reihe ungesunder Beziehungen geführt und hatte durch jahrelange Essstörungen einen niedrigen Selbstwert. Der Prozess sich selbst zu akzeptieren, sich selbst wertzuschätzen und sich in Situationen zu begeben, in denen man gesehen wird, das waren alles persönliche Erfahrungen, die ich in das Drehbuch habe einfließen lassen.“
„Vena“ vereint sehr talentierte Schauspieler*in und überzeugt durch deren noch nicht ausgereiften Starstatus, der den Figuren etwas Nahbares und Normales einhaucht. Emma Nova (bürgerlich Emma Drogunova) gibt ihrer Filmfigur Jenny einen idealen Mix aus Naivität, Rebellion, Angst und Zuversicht. Trotz ihres jungen Alters kann Emma Nova bereits viele Auszeichnungen vorweisen. Schon vor 11 Jahren gewann sie den „Best Actress Award“ für den Kurzfilm „Nicht den Boden berühren“, den „European Shooting Star“ und den „Grimme-Preis“ im Jahr 2024 für „Nichts, was uns passiert“. Das Zusammenspiel und die Dialoge mit ihrem Filmpartner, dem Berliner Paul Wollin sind authentisch und trotz der unbefriedigenden Lebenssituation, geprägt durch Drogenkonsum, liebevoll und nahbar. Wollin schafft es in seinen Bolle ganz viel Menschlichkeit und Echtheit zu implementieren.
Friederike Becht, die Marla verkörpert würde ihren beiden Kindern (8 und 12 Jahre alt) „Vena“ als „die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind, die Wahrheit, dass Erwachsene sich nicht immer gut verhalten und dass sie hoffentlich aus ihren Fehlern lernen können“ erklären. „Vena vermittelt auf eine einerseits wuchtvolle, aber auch einfühlsame Art eine große Portion Empathie, Objektivität und ganz viel Liebe, trotz viel Schrecken.“
Das Kölner Publikum hat das Drama mit viel Applaus und Mitgefühl aufgenommen und konnte durch das anschließende Bühnengespräch mit Fleischhacker, Becht und weiteren Gästen noch weiter in die Filmentstehung eintauchen.
„Vena“ ist ein Film für alle, die sich der Privilegen der eigenen Bubble nicht bewusst sind und mit einem knallharten Beispiel aus dem Leben einer drogenabhängigen Schwangeren, die trotz aller Umstände kämpft, konfrontiert werden möchten.
Katja Jeroschina

VENA
Regie und Drehbuch: Chiara Fleischhacker
Darsteller: Emma Nova, Friederike Becht, Paul Wollin, Barbara Philipp, Edith Stehfest uvw.
Produktion: Neue Bioskop Film in Koproduktion mit der Filmakademie Baden-Württemberg sowie dem Südwestrundfunk (SWR)
Lauflänge: 116 Minuten
FSK: 12
Kinostart am 28. November 2024
Titelbild: Weltkino