30 Jahre Europäischer Filmpreis

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Als Regisseur Wim Wenders 1988 mit Ingmar Bergmann, Bernardo Bertolucci, Istvan Szabó und Richard Attenborough im Hotel Kempinski das europäische Filmfestival gründete, war Europa noch ein geteilter Kontinent. Am Samstag zum 30. Jubiläum rief der Präsident der europäischen Film Akademie Wim Wenders in seiner flammenden Rede zur Verteidigung der europäischen Werte auf: „Europa ist nicht das Problem. Europa ist die Lösung.“

Auch der Aufruf des oscarnominierten Künstlers Ai Weiwei zur Freilassung des Ukrainischen Regisseurs Olek Senzow zeigt, dass der europäische Filmpreis immer auch politisch ist. Im Interview mit REDCARPET REPORTS lobt der chinesische Künstler Ai Weiwei im Bezug auf politische Themen: „Europäische Filme haben einen sehr starken Charakter und sind sehr abwechslungsreich, von sehr tiefen Arthouse Filmen mit eigenwilliger Ästhetik bis hin zu sehr politischen Filmen mit besonderen Erzählperspektiven, das ist sehr beeindruckend.“

Da wundert es etwas, dass der 6-fache Gewinner des Festivals nicht sonderlich politisch ist: „The Square“, die unterhaltsame Gesellschaftssatire des schwedischen Regisseurs Ruben Östlund ist der beste europäische Film des Jahres. „The Square“ hat schon in Cannes die Goldene Palme gewonnen und war als bester ausländischer Film bei den Oscars nominiert. Er gewann nun bei den EFA am Samstag auch in den Kategorien Drehbuch, Regie, Szenenbild, beste Komödie und bester Schauspieler mit Claes Bang.

Im Gespräch mit REDCARPET REPORTS unterstreicht Claes Bang den Unterschied des europäischen Kinos gegenüber amerikanischen Blockbustern: „Wir erlauben uns hier den Luxus, Dinge zu erforschen und zu entdecken, die wir nirgendwo anders finden.“

Beste Schauspielerin wurde Alexandra Borbély im ungarischen Berlinale-Sieger „Körper und Seele“ und rührte mit ihrer tränenreichen Dankesrede auch die deutsche Schauspielkonkurrentin Paula Beer („Frantz“).

Die amerikanisch-französische Schauspielerin Julie Delpy, bekannt aus „Before Midnight“ oder „2 Tage Paris“, wurde für ihren „Europäischen Beitrag zum Weltkino“ geehrt. In ihrer überraschenden und lustigen Dankesrede präsentierte Delpy eine Tombola für ihren neuen Film „My Zoe“, der im Februar in Berlin gedreht werden soll, und für den noch 60.000 € fehlten. Der Gewinner sollte am nächsten Morgen in ihr Hotel zum Frühstück mit ihr eingeladen werden. 

Der schwedische Schauspieler Stellan Skarsgård, bekannt aus internationalen Blockbustern wie „Avengers“, „Borg“ oder „Rückkehr nach Montauk“ spricht gegenüber REDCARPET REPORTS gar von einer Krise des europäischen Kinos: „Europäische Filme sind bekannt für das Wachstum von Arthouse und cinematographischer Avantgarde. Selbst wenn amerikanische Filme mehr Geld machen, sie wären nie möglich ohne die Schule und den Einfluss des europäischen Kinos. Doch die Distribution von Kinofilmen hat sich immer mehr Richtung Blockbuster orientiert und daher ist es schwer, noch unabhängige Filme herauszubringen. Das ist eine Bedrohung für eine bestimmte Art von Storytelling, die besonders in Europa herrscht.“

Dass es der europäische Film nicht leicht hat, bestätigt auch die polnische Filmemacherin Anna Zamecka, die für „Communion“ als besten Dokumentarfilm ausgezeichnet wurde: „Ich wünsche uns allen, dass wir diese Freiheit nicht als gegeben hinnehmen.“

Last not least: Der Publikumspreis ging an Regisseurin Maria Schrader für das in sieben Sprachen gedrehte Bio-Pic „Vor der Morgenröte“ über die letzte Schaffensphase des Schriftstellers Stefan Zweig, gespielt von Josef Hader. Dies war der einzige deutsche Gewinner des Festivals.

Doch wie sagte Juliette Binoche im Interview mit REDCARPET REPORTS zum europäischen Film: „Vielfalt und Diversität bringen Bewusstsein, Intelligenz und Sensibilität, denn man muss lernen, tolerant zu sein und sich mit der Perspektive des anderen auseinandersetzen. Aber im Innern sind wir alle vereint.“

YE

Die Preisträger der 30. European Film Awards

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