Der Dalai Lama in Frankfurt

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Seit gestern ist er in Frankfurt, etwas Verspätung hatte die Maschine aus Irland, aber jetzt ist er hier und absolviert sein umfassendes 3-Tage-Programm: Besuch des neuen Tibethauses, Schülerdialog in der Jahrhunderthalle, Vorträge und Symposien.

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Seit gestern ist er in Frankfurt, etwas Verspätung hatte die Maschine aus Irland, aber jetzt ist er hier und absolviert sein umfassendes 3-Tage-Programm: Besuch des neuen Tibethauses, Schülerdialog in der Jahrhunderthalle, Vorträge und Symposien.

Über 1500 Schüler aus 10 verschiedenen hessischen Schulen kommen zum heutigen Schülerdialog in die Jahrhunderthalle Frankfurt. Seit dem frühen Morgen schon reisen die Klassen trotz stetigen Nieselregens gemeinsam an: aus Frankfurt, Wiesbaden, Mainz, Offenbach und Darmstadt warten sie in langen Schlangen, um die Einlassprozedur mit Sicherheitskontrollen zu durchlaufen.

Die meisten sind zwischen 14 und 18 Jahren alt, aber es gibt auch jüngere, wie zum Beispiel die 6c von der Helmholtzschule, Frankfurt. Die Schulklassen können Fragen an den Dalai Lama stellen, die sie interessieren und die im Vorfeld gemeinsam erarbeitet und eingereicht wurden.

Gespannt wird der 14. Dalai Lama, ehemaliges Oberhaupt der tibetischen Regierung und Friedensnobelpreisträger (1989), erwartet. Im Buddhismus bedeutet Dalai Lama soviel wie „Ozean der Weisheit“.  S.H. der Dalai Lama unternimmt die Reisen und Veranstaltungen, um ihm wichtige Themen wie Mitgefühl, Offenheit, Dialog, Verantwortung und eine globale Ethik den Menschen und besonders jungen Menschen näher zu bringen.

Der Schauspieler Ralf Bauer moderiert den Schülerdialog und erzählt zunächst einige Anekdoten von seinen Begegnungen in Tibet und von Erfahrungen mit scharfem tibetischen Essen. Den etwas verzögerten Auftritt des Dalai Lama überbrückt er mit kleinen Gedichten, Warm Ups, dem Einüben der Tibetischen Begrüßung „Tashi Delek“ (Glück und Segen), und er animiert die Schüler und begleitenden Lehrkräfte zu einem Tibetischen Hirtenschrei gemeinsam mit dem anwesenden Sänger Loten.

(Der tibetische Musiker und Sänger Loten Namling wird am Donnerstag Abend mit anderen Künstlern, unter anderem Yvonne Catterfeld, Sarah Lesch und Curse in einem Konzert in der Jahrhunderthalle auftreten.)

Dann endlich kommt der lang erwartete Auftritt des Dalai Lama. Nach kurzer Einleitung durch die Frankfurter Dezernentin für Integration und Bildung Sylvia Weber, begrüßt der Dalai Lama die Jugendlichen. Charmant und authentisch entschuldigt er seine Verspätung. Gleich in seinen Begrüßungsworten betont er die Gleichheit aller 7 Milliarden Menschen auf dieser Welt. Und auch angesichts von Krisen und Kriegen sei doch die Zukunft der Menschen in unseren Händen und durch unser persönliches positives Verhalten veränderbar.
Gewalt und Kriegen (um materielle Werte, im Namen von Religion etc.) gegenüber könne man nicht gleichgültig bleiben.
Eine Vielfalt an Religionen, die oft mit den unterschiedlichen Kulturen eng verbunden seien, solle man als eine Bereicherung verstehen. Förderlich sei es vor allem, die gemeinsamen Werte von Religionen im Rahmen einer globalen Ethik zu finden.

Dann stellen die ersten Schüler ihre Fragen.

Schnell kommt man auch zum Thema Schulbildung, und hier betont der Dalai Lama sein Anliegen, die Herzensbildung auch in der schulischen Bildung mehr zu berücksichtigen. Die innere Entwicklung mit den uns angeborenen Gefühlen wie Mitgefühl, Wohlwollen und Fürsorge sei ebenso überlebenswichtig für die Menschheit wie das Erwerben fachlicher Kenntnisse und Kompetenzen.

Auf die Frage einer Schülerin an den Dalai Lama, wo er die Energie einer positiven Grundeinstellung sein Leben lang hernehme im Angesicht von Gewalt, Kriegen und Ungerechtigkeiten, antwortet er zunächst scherzhaft: „ That’s my secret.“ Dann führt er aus, dass er sich immer eine Offenheit für andere Menschen erhalte, einen Wert, den er sich immer bewahren will. Er sehe neben den Unterschieden doch vor allem das Gemeinsame und Gleiche in anderen Menschen.
Mit einer offenen Haltung in einen Dialog zu treten, sei wichtig. Eine Handlung, die aus Gefühlen wie Ärger oder Wut resultiere, bringe einen nicht weiter. Eine offene Haltung erzeuge auch einen inneren Frieden. Wir können nur im Sozialverband gut leben. Wenn man in Konflikten offen ist, zu verzeihen und zu vergeben, dann sei manchmal sogar Freundschaft möglich. Was nütze uns Wut? Es sei auch wissenschaftlich nachgewiesen, dass konstante Wut und Ärger schlechte Auswirkungen auf unser Immunsystem haben.

Dass gewaltfrei und ohne Kriege Mauern fallen könnten, sei ja beispielsweise in Deutschland schon möglich gewesen. Es sei auch möglich gewesen, dass zwei ehemalige Kriegsgegner wie Frankreich und Deutschland entscheidende Begründer einer europäischen Gemeinschaft wurden.

Im weiteren Verlauf wird noch besprochen, wie wichtig es sei, Informationen und Meinungen einzuholen, aber dabei immer skeptisch zu sein und eine eigene Meinung auszubilden.

Auf die Frage, ob er Freiheit oder Sicherheit als das höhere Gut einschätze, antwortet der Dalai Lama, dass er die Freiheit als noch primärer für den Menschen betrachte, weil sie die Basis für die Entfaltung des menschlichen Geistes und der Kreativität sei, die so wichtig für unsere Entwicklung ist. Im Idealfall unterstütze die Sicherheit diese Freiheit, dann handele es sich um ein gutes Konzept. Wenn allerdings ein totalitäres Regime Sicherheit als Vorwand benutze, um die Freiheit einzuschränken, sei das kein guter Weg.

Das und über viele Fragen mehr diskutiert der Dalai Lama mit seinem unverwechselbarem Humor und ansteckendem Lachen. Der Abschied ist herzlich und rührend, und schließlich machen sich die Jugendlichen wieder auf den Weg nach Hause.

Die Schüler der 6c der Helmholtzschule resümieren, dass sie sich sehr gefreut haben, dem Dalai Lama, begegnen zu können. Er habe jünger gewirkt, als sie es bei über 80 Jahren erwartet hatten, und sie finden seine humorvolle, teils unkonventionelle Art sehr inspirierend. Dass er mal antworte: „I don’t know“oder „That’s a secret“ sei sehr sympathisch.
Dass er Kriege für keine Option halte, Konflikte zu lösen, sei sehr gut. Insgesamt sei er beeindruckend und das Gesagte und die Grundhaltung ein guter Leitfaden.

 © Julia Stolze

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