The Matterhorn Story – Europas höchste Freilichtspiele
Es ist der 13. Juli 1865 und im Tal bereiten sich sieben Männer in einer Seilschaft auf die Erstbesteigung des Matterhorns vor.

Es ist der 13. Juli 1865 und im Tal bereiten sich sieben Männer in einer Seilschaft auf die Erstbesteigung des Matterhorns vor. Einer davon ist Edward Whymper, ebenfalls dabei sind die beiden Zermatter Bergführer Vater und Sohn Taugwalder. Schon am nächsten Tag stehen sie auf dem Gipfel des bis dahin unbezwingbaren 4000er – und noch sind sieben Personen in der Seilschaft. Doch als die Gruppe wieder unten im Tal ankommt, fehlen vier der sieben Gruppenmitglieder. Eine Tragödie überschattet die Feier, und über Zermatt breitet sich Trauer aus.
150 Jahre später wird auf rund 2600 m.ü.M. auf der höchsten Freilichtbühne Europas „The Matterhorn Story“ im Rahmen der Zermatter Freilichtspiele aufgeführt. Mittelpunkt des Stücks ist dabei die Geschichte der Erstbesteigung. Die im Schatten des 4478 Meter hohen Matterhorns beeindruckend gelegene Bühne bietet den perfekten Rahmen für das Theaterstück. Näher kann man der originalen Kulisse des 150 Jahre alten Dramas kaum kommen.
Bei strahlendem Sonnenschein wird das Publikum von den 40 Darstellern, unter ihnen auch fünf professionelle Schauspieler, in das 19. Jahrhundert versetzt. Viele der Mitwirkenden kommen dabei aus der näheren Umgebung und haben Bezug zu der Geschichte. So spielen auch zwei Nachfahren der Taugwalder in dem Stück mit.
Die Darsteller sprechen ihre Dialoge abwechselnd in Walliser Mundart, Hochdeutsch und Englisch. So kann auch das international angereiste Publikum der Story besser folgen. Bei den Kostümen wird besonders viel Wert auf Ursprünglichkeit gelegt, und es kommen auch echte Esel als Packtiere vor. „Das Stück lebt von der großen Authentizität der Darsteller und der Kulisse“, so die Regisseurin Livia Anne Richard.
Auf der Bühne wird der Marktplatz von Zermatt dargestellt, und die umliegende Berglandschaft findet ihre eigene Rolle als Kulisse. Beeindruckend kann man so inmitten der Bergkulisse der Handlung des tragischen Auf- und Abstiegs und dem anschließenden Prozess zwischen Whymper und dem Bergführer Peter Taugwalder folgen, die sich gegenseitig vorwerfen, dass der andere am Unglück der vier verunglückten Bergsteiger in der Seilschaft schuldig ist. So ist dies auch bis heute noch eine ungeklärte Geschichte, wer die Schuld trägt, und ob das Seil wirklich beim Abstieg hinter Peter Taugwalder mit Absicht abgeschnitten wurde.
Edward Whymper wird in dem Theater „The Matterhorn Story“ von dem Schweizer Christoph Keller gespielt, und Reverend Hudson, der auch mit der Seilschaft auf den Berg geht, von dem deutschen Schauspieler Oliver Stein, bekannt auch aus dem Tatort als Kriminaltechniker. Beide sind jeden Tag wieder beeindruckt von der Leistung aller Mitwirkenden und dem tollen Ensemble. „Vor so einer einzigartigen Kulisse spielen zu dürfen ist faszinierend“, so Christoph Keller im Interview. Herausfordernd neben der enormen Höhe sei dabei auch der Wechsel ins Englische und wieder zurück ins Deutsche. Während Whymper von Keller eher als Exot und als eine Art „Indianer Jones“ gespielt wird, ist Hudson der weisere in der Gruppe und stellt einen Ruhepol für die Gruppe dar. Hudson ist außerdem für Whymper in gewisser Weise ein Vorbild, so Oliver Stein. So war die Herausforderung, möglichst viele 4000er zu erklimmen, das Ziel von Hudson.
Nach 90 Minuten ist das Stück beendet und man merkt, dass den Zuschauern das Stück unter die Haut geht und Emotionen weckt. 90 Minuten geballte Dramatik und eine Produktion, die die Faszination für das Matterhorn auch ein Stück weit vermehrt. Sehen kann man „The Matterhorn Story“ noch bis zum 29. August am Gornergrat in Zermatt.
© RCR Niklas Faralisch