Joan Armatrading gibt Abschiedskonzert und berührt sie alle

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Die Solo-Abschiedstournee „Me, Myself, I“ der Singer/Songwriter-Legende machte in Berlin ihre erste Europa – Station.

Die Solo-Abschiedstournee „Me, Myself, I“ der Singer/Songwriter-Legende machte in Berlin ihre erste Europa – Station

Plötzlich steht sie da, ganz in schwarz, zwischen E-Gitarre und E-Piano. Dass jetzt eigentlich was beginnen müsse, meint sie mit trockenem britischen Humor, dazu sei sie ja hier. Das Publikum freut sich, die Stimmung ist gut im Wintergarten Varieté und wird es auch bleiben während dieser knapp zweistündigen Fanveranstaltung. Eine der letzten, glaubt man den Ankündigungen, denn Joan Armatrading ist auf ihrer „final major tour“, ihrer letzten Welttournee. Es soll ihr Abschied von der Bühne sein. Berlin ist am Montagabend ihr Europaauftakt.

Joan Armatrading, 1950 auf der Karibikinsel Saint Kitts geboren und im englischen Birmingham aufgewachsen, wurde in den 1970er-Jahren als Singer/Songwriterin bekannt. In den 80ern feierte sie ihre größten Erfolge, mit Hits wie „Love and Affection“, „Drop the pilot“ und dem titelgebenden „Me, Myself, I“. Die Stücke zwischen Folk, Rock und Rhythm and Blues erzählen von der Hektik großer Städte, der Suche nach dem richtigen Leben, von Sehnsucht und immer wieder – klar – der Liebe. Gefühlvoll ist das, melancholisch und auch unerwartet straight, wenn die Künstlerin ihre E-Gitarre schreien lässt und mit dem Bottleneck (einem Metallrohr am Finger) über die Saiten gleitet.

Armatrading ist solo unterwegs, nach 42 Jahren auf der Bühne ist das letzte Mal für sie auch das erste Mal ohne Band. So fällt ihr die Rolle der Alleinunterhalterin zu, die sie mit einem Exkurs in ihre Lebensgeschichte anreichert. Sie zeigt auf der Video-Leinwand Bilder aus vergangenen Zeiten: Sie in den 70ern, mit Schlaghosen vor einem englischen Musikclub, sie mit Elton John, Paul McCartney und Tina Turner, sie mit Nelson Mandela. Dazu die Anekdoten von großartigen Kämpfern, Kollegen und Kooperationen. Es ist ein bisschen wie der Dia-Abend daheim. Zum Glück hat die Künstlerin genügend Selbstironie parat („schaut mal“ – auf dem Jugendfoto – „DAS bin ich!“), die größer ist als alle Schulterpolster aus den 80ern.

Als nach einem 90minütigen Set die Zugabe ansteht, meint Joan Armatrading lakonisch, alle wüssten ja, was nun kommt, sie bleibe mal gleich auf der Bühne. Die Zuschauer lachen, jubeln und stehen auf, geben standing ovations. Joan Armatrading hat sie durch ihre Jugend begleitet, so scheint es, sie erinnern sich. Und mehr als das: Sie erschaffen noch einmal, in der Gegenwart des Berliner Konzertes, einen Moment des Berührtseins.

BRIGHT SPARKS

Als „support act“ spielte das englische Duo „Bright Sparks“: luftig-leichter, professionell gemachter Folkpop mit Gesang, Gitarre, Kinderklavier und Fußtrommel, dem man die Erfahrung der Straßenmusik sehr gut anmerkt. Kimmy und Ash arbeiten in Berlin an ihrer Debüt-EP, und touren nun durch Europa, der nächste Stop ist Dänemark. Wir hören hoffentlich noch mehr von ihnen.

© RCR Jana Sittnick

 

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