Nicht von dieser Welt: „THE WYLD“, die neue Grand Show im Friedrichstadt-Palast

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Am Anfang ist die stille Geste. Vom Publikum kaum bemerkt, führt ein Tänzer pantomimische Bewegungen aus, mit denen er lautlos die Show eröffnet. Halb Platzanweiser, halb Clown, schwarze Kleidung, graue Haare, bespielt er mit kleinen Gesten die Bühne.

Am Anfang ist die stille Geste. Vom Publikum kaum bemerkt, führt ein Tänzer pantomimische Bewegungen aus, mit denen er lautlos die Show eröffnet. Halb Platzanweiser, halb Clown, schwarze Kleidung, graue Haare, bespielt er mit kleinen Gesten die Bühne.

Dann kommt es furios, und bleibt auch so: „THE WYLD“, die neue Produktion im Berliner Friedrichstadt-Palast, ist opulent inszeniert, setzt auf Superlative und visuelle Überwältigung. Mit allen zur Verfügung stehenden technischen, tänzerischen, artistischen und musikalischen Mitteln wird das „wilde“ Berlin beschworen, die Stadt ohne Schlaf, der Großstadtdschungel.

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Künstlerischer Leiter dieses Großglamours ist der französische Modedesigner und Eventkünstler Manfred Thierry Mugler, der in den 80er Jahren erfolgreich Damenmode entwarf, für seine strengen Outfits berühmt wurde, später den Duft „Angel“ auf den Markt brachte, und dann neue Betätigung im Revuewesen fand. 2013 präsentierte er sein Cabaret-Programm „Muglers Follies“ in Paris. Nun hat er eine Show in und für Berlin gemacht.

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„THE WYLD“ ist Revue auf Weltklasseniveau, mit gewohnt hoher Professionalität des Ensembles. Die Choreografie sitzt, die Tänzer sind auf den Punkt genau, ihre strenge Ballettausbildung ist ihnen auch bei den Street-Dance-Einlagen à la Beyoncé anzusehen. Die Kostüme sind zum Teil märchenhaft schön, wie bei der Figur der Nofretete oder der auf riesigen High Heels stelzenden, samba-mäßigen (männlichen) Drag Queen. Höhepunkte an Kraft und Anmut sind die Artistik-Nummern von „White Gothic“ und „Duo Markov“.

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Revue meint hier auch, dass es weder Dialoge gibt noch einen Handlungsrahmen. Lose Assoziationen des Bühnenbilds und der Choreografie nehmen Bezug auf Berlin. Man sieht die Spitze des Fernsehturms und darauf eine schöne Frau, die einsam in die Nacht hinaus singt. Ein BMX- Boy macht „urban street art“ auf dem Rad, in (dank der Hebebühne) aus dem Boden herauf gefahrenen Glaskuppeln schwimmen silberne Damen unter Wasser. Nofretetes Dienerinnen fächern mit riesigen güldenen Kunstfingernägeln durch die Luft.

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Anleihen an die Zwanzigerjahre, an das Verruchte und Ausschweifende und die Ästhetik von „Cabaret & Cocain“ sind zu erkennen, ein sicherer Gemeinplatz. Die „Girlreihe“, die „Marke“ des Berliner Friedrichstadt-Palastes, in der die 32 Damen des Balletts (im Look von Sally Bowles) ihre legendär langen Beine wirbeln, wird schnurgerade abgetanzt.

„THE WYLD“ ist Traum, Phantasie, Märchen. Wer sich für eine Zeit lang in diese Welten jenseits des Berliner Alltags entführen lassen und ausgefeilte Revuekunst genießen will, ist hier richtig.

© RCR Jana Sittnick

„THE WYLD“, Friedrichstadt-Palast Berlin

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