Horror zeitlos schön: Der Stummfilmklassiker „Dr. Caligari“ neu digitalisiert
Bertelsmann empfing zur Welturaufführung in Rahmen der Berlinale.

Bertelsmann empfing zur Welturaufführung in Rahmen der Berlinale.
Giulia „liebt“ Cesare, und sie will – kein Kind – aber doch ein Foto mit ihm. Cesare ist zwar nicht George Clooney, schaurig verdreht er Augen und Glieder, doch er hat seinen irren Reiz, und Giulia Ponte, die Bildbearbeiterin aus Bologna, hat mehr als ein Jahr lang gemeinsam mit ihren italienischen Kollegen den Film-Bösewicht und die anderen Caligari-Figuren digital aufgefrischt.
Am Sonntag wurde der deutsche Stummfilmklassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ von 1920 der Öffentlichkeit präsentiert. Rund 400 handverlesene Gäste aus Politik und Gesellschaft erlebten die Welturaufführung des digital runderneuerten Films in der Berliner Philharmonie. Er lief als Highlight der „Berlinale Classics“, mit musikalischer Live-Begleitung des New Yorker Instrumentalisten John Zorn.
Beim anschließenden Empfang in der Bertelsmann – Repräsentanz konnte man dem irren Cesare und seinem „Meister“, Dr. Caligari, erneut begegnen. Über etliche in den Wänden verbrachte Screens in der Größe von Laptop-Monitoren liefen die Szenen des Gruselklassikers als Video-Loops. Dazu gab es Fingerfood und Prosecco.
Das Medienunternehmen Bertelsmann, zu dem u.a. die UFA Filmproduktion seit 1964 gehört, ist Hauptsponsor der digitalen Filmrestauration. Seit den Sechzigerjahren des 20. Jahrhunderts überträgt Bertelsmann alte Filmklassiker der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung zur Pflege. Denn es sei eine historische Notwendigkeit, so der Bertelsmann-Vorstandsvorsitzende Thomas Rabe, sich um das Erbe deutscher Stummfilme und ihren technischen Erhalt zu kümmern.
Tatsächlich sind viele deutsche Filme aus den 20er und frühen 30er Jahren in ihrer expressionistischen Bildsprache, dem Einsatz düsterer Kulissen und dem Spiel am Rande des Wahnsinns wegweisend. Neben „Caligari“ in der Regie von Robert Wiene sind dies vor allem „Dr. Mabuse“ von Fritz Lang und „Nosferatu“ von F.W. Murnau.
„Das Filmmaterial läuft uns davon“, sagte Ernst Szebedits, Vorsitzender der Murnau-Stiftung, und verwies damit auf das biologische „Verfallsdatum“ der Werke. Für Rettungsaktionen wie die aktuelle Film-Digitalisierung bräuchte es dringend Gelder, von Bund und Wirtschaft. Doch trotz aller Engpässe waren am sonnigen Sonntagnachmittag alle Film-Beteiligten stolz auf das Ergebnis – die Sponsoren, die Stiftungsmitglieder, die Zuschauer – und auch die Bildbearbeiter aus Bologna.
„Das Cabinet des Dr. Caligari“ (restaurierte Fassung mit der Live-Musik von John Zorn) läuft am 12. Februar auf Arte, und 21.-23. Februar im Kino Babylon Mitte (mit Live-Musik von Cameron Carpenter).
© RCR Jana Sittnick
© RCR René du Vinage
Fotos © Bertelsmann