„Das radikal Böse“ – Der neue Film des Oscar-Preisträgers Stefan Ruzowitzky

0

Der ungewöhnliche Dokumentarfilm ist eine Studie der menschlichen Psyche und nur zweitrangig auch Vergangenheitsaufarbeitung.

KONICA MINOLTA DIGITAL CAMERA

Der ungewöhnliche Dokumentarfilm ist eine Studie der menschlichen Psyche und nur zweitrangig auch Vergangenheitsaufarbeitung. Am Dienstagabend hatte der Film seine Deutschlandpremiere in Frankfurt am Main.

Regisseur Stefan Ruzowitzky (geboren in Wien, aufgewachsen teilweise in Düsseldorf) zeigt durch historische Dokumente, psychologische Experimente und Interviews von Psychologen und Holocaustforschern neue Erkenntnisse über die Menschheit. Dabei kristallisiert er sehr wichtige Wegweiser für unser gegenwärtiges und zukünftiges Zusammenleben heraus!

Diese Analyse kann uns helfen, Morde und Genozide zu verhindern. Der Dokumentarfilm versucht nachzuvollziehen, was bei psychisch gesunden Menschen zum radikal Bösen führen kann, will die Taten dabei jedoch keineswegs entschuldigen oder gar die Täter der Verantwortung entziehen.

Das Extreme interessiere ihn besonders, gibt Stefan Ruzowitzky im Interview mit Red Carpet Reports zu! Auch in seinen Filmen (Die Fälscher – Oscar 2008 – , Anatomie, Anatomie II, etc.) nähere er sich der menschlichen Psyche und zwischenmenschlicher Beziehungen in Gesellschaften vor allem über extreme Emotionen, extremes Verhalten und Ausnahmezustände an.
Das sei für ihn einfach ein scharf fokussiertes Vorgehen, bei dem er viel herausfinden und herausstellen könne.

Historisches Beispiel in „Das radikal Böse“ ist das Bataillon 101, das 1942 die „unangenehme Aufgabe“ zugeteilt bekommt, Erschießungen durchzuführen. Es wird den Soldaten sogar freigestellt abzulehnen und doch weigern sich nur 12 von 500!

Bei unserem Setbesuch im Oktober 2012 in Hanau bei Frankfurt konnten wir beobachten, wie Stefan Ruzowitzky Gesichter junger Komparsen in Uniformen filmt, die er zu den von bekannten Schauspielern (z.B. Benno Fürmann, Devid Striesow) gelesenen Briefen der Soldaten zeigt. In den Briefen konstruieren die Soldaten die absurdesten Rechtfertigungen Ihrer Taten, während gleichzeitig zum Beispiel ihr Magen dagegen rebelliert. Doch sie lernen ihr emotionales und körperliches Widerstreben zu überwinden.
Welche politischen, gesellschaftlichen und zwischenmenschliche Bedingungen dazu beitragen und welche Rolle Konformität, hierarchische Strukturen und vor allem Rassismus spielen, all dies untersucht diese ungewöhnliche Dokumentation.
Herr Ruzowitzky arbeitet dabei mit kontrastreichen Bildern (Kamera: Benedict Neuenfels), Split Screen Technik und Untergliederungen in Kapitel.

Das alte Kasernengelände Hanaus wurde auch genutzt, um die verschiedenen Situationen der teils sehr bekannten Experimente (Stanford, Milgram) nachzustellen.

Ergänzt wird dies alles durch die Expertengespräche, die hauptsächlich in London und USA geführt wurden.

Beim Bühnen-Interview nach der Filmvorführung möchte Stefan Ruzowitzky unbedingt betonen, daß er trotz all dieser erschreckenden Tatsachen und Ergebnisse doch ein ungebrochener Optimist sei. Er sehe in der Erkenntnis vieler Psychologen und Holocaustforscher, daß „das Böse“ nicht etwas diffus Abstraktes, sondern etwas zutiefst Menschliches zu sein scheint, nicht nur Schlimmes, denn es sei auch die gute Nachricht, das sei für uns eine Chance!

Und weil der Holocaustforscher Pater Desbois betont hat, daß jeder Genozid mit Rassismus beginne, habe sich Stefan Ruzowitzky vorgenommen, bei jedem Interview darauf hinzuweisen, daß er es nicht gut heiße, daß in Österreich, dem Land, in dem er lebt, eine Partei mit rassistischen Ansichten politisch mitbestimme.

Der sympathische Ausnahme-Regisseur stellt sich noch lange ausgedehnten Interviews und Gesprächen beim Beisammensein im Frankfurter Metropolis Kino. Man merkt, wie wichtig ihm die Erkenntnisse seiner Dokumentationsarbeit sind und wie sehr es ihm ein persönliches Anliegen ist, für das er gerne großes Engagement und Geduld aufbringt.

Der Film des anwesenden Produzenten Wolfgang Richter, docfilm Karnick und Richter oHG, Darmstadt wurde unterstützt von HessenInvestFilm und dem ZDF- Kleinen Fernsehspiel und Österreichischer Filmförderung.
Er ist sehr erkenntnisreich und pädagogisch wertvoll und wird sicher auch schulisch einsetzbar sein.
Stefan Ruzowitzky stellt seinen wichtigen Film in den nächsten Tagen in vier deutschen Städten vor.
Auch der Verleiher (W-Film) Stephan Winkler war heute Abend vor Ort, sowie Günter Schmitteckert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst und Dr. Ursula Vossen für HessenInvestFilm, die Frankfurter U5-Filmproduktion mit Rolf Silber, Norbert Walter und Karl-Eberhard Schäfer, Verena Metze-Mangold, die Vize-Präsidentin der dt. UNESCO-Kommission e.V., Crew-Mitglieder wie Britta Kastern (Script und Schnittassistenz)und Bahman Kormi, Schauspieler Patrick Dewayne und viele andere mehr.

„Das radikal Böse“ war schon im Oktober 2013 für den Hessischen Filmpreis als bester Dokumentarfilm nominiert.

Der Film dauert etwa 90 Minuten und läuft ab 16.01.2014 in den Kinos.

© RCR Julia Stolze

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert