Stars für Magnus

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Singen, Tanzen und Trashen für die gute Sache: Das „Variété Wintergarten“ feiert eine Spendengala mit Staraufgebot für das neue Hirschfeld-Denkmal in Berlin. Damit soll der deutsch-jüdische Sexualforscher und erste Schwulen-Aktivist geehrt werden.

Singen, Tanzen und Trashen für die gute Sache: Das „Variété Wintergarten“ feiert eine Spendengala mit Staraufgebot für das neue Hirschfeld-Denkmal in Berlin. Damit soll der deutsch-jüdische Sexualforscher und erste Schwulen-Aktivist geehrt werden.
Jörg Thadeusz erzählt von Blutegeln, die sich in Körperweichteile verbeißen. Die Geschichte ist heikel, ihr Ausgang unbestimmt, und im Berliner „Variété Wintergarten“ kommt sie gut an. Thadeusz moderiert am Montagabend die Benefiz-Gala „Stars für Magnus“, die Spenden sammeln will für die Errichtung des Hirschfeld-Denkmals.
Der Moderator, bekannt aus Funk und Fernsehen, ist selbst so etwas wie ein Star, das Publikum dankt ihm also alle Betisen. Mit Charme und Egel leitet Thadeusz zu seinem ersten Gast über, dem Sänger und Schauspieler Sven Ratzke, der mit der deutschen Adaption des US-Erfolgs-Musicals „Hedwig an the angry inch“ demnächst im Berliner Admiralspalast auftritt. Das „angry inch“, das letzte ärgerliche Zipfelchen, sei das, was der Egel übrig ließe.
Ratzke läßt es rocken, er gibt die Hedwig (blonde Riesenperücke, zerfetzte Nylons und High Heels) als White-Trash-Transe, singt von Sehnsucht und Sex, von Liebe und Rock`n Roll, von dunklen Begierden in güldenen Betten. Kräftig unterstützt wird er am Piano und von einem Mann an der Gitarre, der mit seinem Stirnband Axl Rose alle Ehre macht.
Maren Kroymann bezaubert als Grande Dame der kleinen Bühne: Ihre Version der Dusty-Springfield-Klassikers „I don`t know what to do with myself“ von 1964 zeigt, wie sexy sich Reife anhört. Auch Tim Fischer, der demnächst sein 25jähriges Bühnenjubiläum feiern wird, gibt sich die Ehre. Insgesamt bilden die großen Künstler der leichten Muse an diesem Abend eine handverlesene Runde – mit dabei auch Winnie Böwe, Marianne Rosenberg und Klaus Hoffmann – und das Beste ist, dass sie ohne Gage auftreten. Die Einnahmen dieser Veranstaltung fließen in den Fond zur Errichtung des „Hirschfeld-Denkmals“ an der Spree.
Ins Leben gerufen wurde die Spendenaktion vom „Lesben- und Schwulenverband Berlin Brandenburg e.V.“, dem LSVD, der bereits 2008 das „Magnus-Hirschfeld-Ufer“ an der Spree durchsetzte. Magnus Hirschfeld gilt als Begründer der modernen Sexualwissenschaft, und sein Werk als rationale Begründung homosexueller Gleichwertigkeit und Gleichberechtigung. Hirschfeld war Vorreiter im Kampf gegen den berüchtigten Paragrafen 175. Als jüdischer Homosexueller war er in Deutschland doppelt gefährdet; nach der Machtergreifung der Nazis wurden seine Schriften öffentlich verbrannt. Hirschfeld verstarb 1935 im französischen Exil.
Der LSVD will Hirschfeld ehren und daran erinnern, „dass die weltweit erste homosexuelle Emanzipationsbewegung im Berlin des 19. Jahrhunderts ihren Ursprung hat“, so LSVD – Geschäftsführer Jörg Steinert. Und auch ein Zeichen setzen gegen die aktuelle Homophobie, jene unbestimmte Mischung aus Schwulenangst und Schwulenhass.
Am Ende sind alle Künstler und Macher des Abends – nach Marianne Rosenbergs Depeche-Mode-Cover „Question of lust“, der wunderbaren Winnie-Böwe-Version des Brecht/Weill „Alabama Songs“ und der fabelhaften Interpretation des Brel-Klassikers „Amsterdam“ von Klaus Hoffmann – auf der Wintergarten-Bühne vereint und singen Judy Garlands „Over the rainbow“. Mehr Gala geht nun wirklich nicht.
Infos und Spenden zum Hirschfeld-Denkmal unter: www.denkmal-fuer-berlin.de
© RCR Jana Sittnick
© RCR René du Vinage
© RCR Christian Behring

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