Review: „Promised Land“
Die Berlinale ist auch dieses Jahr wieder ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Nutzung umweltfreundlicher Technologien.

Matt Damon in Promised Land
Die Berlinale ist auch dieses Jahr wieder ein Vorreiter in Sachen Klimaschutz und Nutzung umweltfreundlicher Technologien. Büros leuchten mit Ökostrom, Papier wird eingespart und unvermeidbare Emissionen werden bspw. mit Aufforstungsprojekten ausgeglichen. Kein Wunder also, dass gerade ein Film wie „Promised Land“ hier seine Europapremiere feiert. In Gus van Sants neuester Regiearbeit dreht sich nämlich alles um eine Form der Energiegewinnung namens „Fracking“, bei der nicht gerade zimperlich mit der Umwelt umgegangen wird. Dabei werden Schieferschichten unter hohem Bohrdruck aufgebrochen und mithilfe von Chemikalien Erdgas freigesetzt. Was schon seit fast 50 Jahren vielerorts praktiziert wird, ist nun durch die Sensibilisierung für ökologische Themen in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt.
Matt Damon spielt in „Promised Land“ den erfolgreichen Steve Butler, Mitarbeiter des Martkriesen Global, für den der nächste Job eigentlich nur eine weitere Sprosse auf dem Weg die Karriereleiter hinauf sein sollte. Zusammen mit seiner Kollegin Sue (Frances McDormand) landet er in einem kleinen Provinznest, für dessen Bewohner die Verpachtung ihres Landes die einzig mögliche Zukunft darstellt. Leichtes Spiel? Keineswegs! Denn nicht nur ein gut informierter Bürger legt dem eingespielten Team auf der Ortsversammlung Steine in den Weg, auch ein gewitzter Umweltschützer mischt im Spiel um das Leben der Menschen mit. Am Ende ist der Film einem Kartenspiel nicht fern. Die Bewohner werden von einer auf die andere Seite geschoben, sind Schachfiguren in der Auseinandersetzung der Kontrahenten. Jeder hat Argumente, jeder hat Photoshop, die Zukunft erstrahlt auf Flyern immer sonnengelb. Und doch schafft es Gus Van Sant, diese Menschen nicht wie reine Statisten aussehen zu lassen – immerhin geht es hier vor allem um ihr Leben. Nach und nach wird fast beiläufig freigelegt, was die Leute antreibt und jegliche Tradition vermissen lässt. Sind es die Kinder, die später eine Chance auf ein Studium haben sollen? Oder sind es schlechte Erinnerungen an das eigene Heim? Oder einfach nur die Verlockungen des Wohlstands? Langsam entfalten sich diese Erkenntnisse ebenso wie Steves Vergangenheit, der als Kind selbst auf dem Land aufgewachsen ist. Und wer meint die restliche Entwicklung des Filmes erahnen zu können, darf sich gerne eines Besseren belehren lassen, denn „Promised Land“ legt ebenso wie das „Fracking“ mit zunehmender Laufzeit einige Überraschungen frei.
Dabei ist „Promised Land“ natürlich weder Doku noch 100% tatsachengetreu, aber er vermittelt auf angenehme Art und Weise die Brisanz der Technik, die Möglichkeiten ebenso wie die Gefahren. So legt sich die chorlastige Musik von Komponist Danny Elfman wie ein Auf- oder Abgesang über die Bilder von weiten Feldern, Häusern denen jegliche Farbe entwichen ist und verlassenen Straßen. Doch Gus Van Sant umgeht Klischees ebenso wie er sie bedient – die Straßen sind leer, weil sich alle gemeinsam im Pub tummeln und Spaß haben. Apropos Spaß: Obwohl der Film als Drama in den Berlinale-Wettbewerb geht, ist er sehr kurzweilig und hat gerade zwischen Steve und Sue einige amüsante Dialogzeilen zu bieten. Am Ende darf man Gus Van Sant wirklich Respekt dafür zollen, dass er aus diesen vielen Elementen einen rundum gelungenen Film gemacht hat und einen würdigen Wettbewerbskandidaten stellt.
© RCR Enrico Seligmann